Resolution der ver.di-Betriebsgruppe der Freien Universität Berlin vom 19.02.2021
Warum die Abschaffung des Personalrats der Zentraleinrichtung Botanischer Garten und Botanisches Museum verhindert werden muss!
Der Gesetzesentwurf mit dem blumigen Namen „Gesetz zur Stärkung der Berliner Wissenschaft“ (vorher Berliner Hochschulgesetz BerlHG) des Wissenschaftssenats unter Senator Michael Müller (SPD) sieht unter Artikel 4 die Streichung der Dienststelleneigenschaft für die Zentraleinrichtung Botanischer Garten und Botanisches Museum (ZE BGBM) der Freien Universität Berlin (FU Berlin) im Eingliederungsgesetz[1] vor.
Weder der Leiter der Dienststelle, noch der Präsident der Freien Universität Berlin und auch nicht der Personalrat der Dienststelle und somit die betroffenen Beschäftigten wurden vorher dazu angehört oder über die Absicht der Streichung informiert.
Was viele nicht wissen: Die Abschaffung der Dienststelleneigenschaft zöge mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung der Berliner Wissenschaft die Abschaffung des örtlichen Personalrates und der Schwerbehindertenvertretung an der Zentraleinrichtung Botanischer Garten und Botanisches Museum (ZE BGBM) nach sich. Alle örtlichen Dienstvereinbarungen zu Gestaltung der Arbeitszeit, Dienstplangestaltungen etc.pp. sind sofort ungültig. Laufende Verfahren nach PersVG vor der Einigungsstelle z. B. zur Eingruppierung könnten nicht zu Ende geführt werden. Die Interessenvertretung fiele dem Personalrat Dahlem zu, der einen weiteren – dazu sehr besonderen – Bereich zu vertreten hätte. Das wäre ein Rückschritt in der Regelung der Arbeitsbedingungen der an die 200 Beschäftigten der ZE BGBM, die ohne ihre örtlichen Interessenvertretungen in den vergangenen Jahrzehnten nicht da wären, wo sie heute sind.
Darüber hinaus: Bereits in der Vergangenheit hat sich die Beschäftigtenvertretung des Botanischen Gartens nicht nur zum Schutz der Beschäftigten vor Mittelkürzungen und Privatisierung, sondern auch für den Erhalt des Botanischen Gartens im Allgemeinen erfolgreich eingesetzt[2].
Wer hat ein Interesse daran, die Autonomie einer Dienststelle an der ZE BGBM aufzuheben?
Die Antwort zeigt ein Blick in die Vergangenheit: Bereits am 03.07.2017 trug Frau Dr.-Ing. Bör, Kanzlerin der FU Berlin, in einer öffentlichen Anhörung im Abgeordnetenhaus die Bitte vor, das Eingliederungsgesetz dahingehend zu ändern, dass die ZE BGBM nicht mehr als Dienststelle im Sinne des PersVG Berlin gilt.[3] Dem ging eine harte Tarifauseinandersetzung um die Gleichstellung der Beschäftigten im Garten mit denen an der Freien Universität voran, die ohne die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat der damals ausgegliederten Tochter der FU Berlin sicher nicht so erfolgreich gewesen wäre. Viele der Betriebsrätinnen und -räte von damals wurden im letzten Jahr in den Personalrat der ZE BGBM gewählt, der nun endlich alle Beschäftigten im Garten zu vertreten hat. Sie kennen den Betrieb in- und auswendig und wissen, wie Dienstplanung, Gesundheitsschutz oder Personalpolitik gut im Sinne der Beschäftigten geregelt werden kann.
Denn die ZE BGBM ist eben kein normaler Fachbereich einer Universität: Der bestehende Personalrat ist in der Mitbestimmung mit besonderen Abläufen und Anforderungen der Arbeitsorganisation aufgrund der Pflege, Bewahrung und Präsentation der wissenschaftlichen Sammlungen insbesondere der Lebendsammlung konfrontiert. Dazu kommen rund um das Jahr tägliche Öffnungszeiten für die Besucher des Gartens und des Museums wie z. B. verschiedene Arbeitszeitregelungen, Maschinen- und Fuhrpark und die Betreuung von Veranstaltungen an Wochenenden.
Die Interessenvertretungen der FU Berlin konnten im Jahr 2017 gemeinsam mit ver.di den Erhalt der Dienststelle gegen den Willen der Kanzlerin der FU Berlin erreichen. Und jetzt will der Wissenschaftssenat über die Novelle des BerlHG von hinten durch die kalte Küche die Dienststelle und damit eine engagierte sach- und ortsnahe Personalvertretung abschaffen? Geht’s noch?
Gute Arbeit braucht örtliche Mitbestimmung!
Es entsteht der Eindruck, dass der Wissenschaftssenat sich hier für die Interessen einer Universitätsleitung vor den Karren spannen lassen lässt, der die Mitbestimmung ein Dorn im Auge ist. Denn die Abschaffung der Dienststelle bietet der FU Berlin die Möglichkeit, sich einer durchaus effektiven Interessenvertretung der Beschäftigten zu entledigen. Das passt zur gegenwärtigen Politik der Freien Universität Berlin, die Arbeit ihrer engagierten Personalvertretungen massiv zu behindern:
- Kündigung eines Mitglieds des Gesamtpersonalrats vor dem Oberverwaltungsgericht
- Behinderung der Personalratsarbeit
- FU-Präsidium auf zweifelhaftem Kurs
Es ist für die Beschäftigten der ZE BGBM nicht akzeptabel, dass ihre Personalvertretung, welche im Botanischen Garten und Botanischen Museum seit der Einführung von Personalvertretungen in Berlin und somit seit mehr als 40 Jahren existiert, jetzt abgeschafft werden soll.
Wir fordern den Erhalt der ZE BGBM als eigenständige Dienststelle, um den besonderen Anforderungen an eine örtliche Interessenvertretung und der Sicherung unserer Rechte als Beschäftigte gerecht zu werden.
Im Koalitionsvertrag steht: „Die Koalition will […] gute Arbeit und Tarifverträge stärken.“ Und weiter: „Die Koalition wird sich für gute Arbeit für alle Berliner*innen einsetzen und prekäre Arbeit zurückdrängen.“ Die Geschichte des Botanischen Gartens zeigt glasklar: Dazu braucht man kompetente, orts- und sachnahe Interessenvertretungen!
[1] https://www.fu-berlin.de/sites/abt-1/referate/1d/wahlvorstand/vorschriften/zebgbm.pdf
[2] Bereits im Jahr 2003 wurde durch deren Initiative 78 000 Unterschriften gesammelt und die Schließung des Botanischen Gartens verhindert.
[3] https://www.verdi-fu.de/wordpress/2018/09/27/resolution-der-verdi-betriebsgruppe-der-fu-berlin-fuer-den-erhalt-der-dienststelle-botanischer-garten/