Dialog und Meinungsfreiheit an den Universitäten!

Dialog und Meinungsfreiheit an den Universitäten

Wir spiegeln die Pressemitteilungen von ver.di und GEW vom 15.05.2024.

Pressemitteilung Landesbezirk Berlin-Brandenburg (15.05.2024)

Niemand muss gut finden, wie die letzte Woche vom Theaterhof der Rostlaube geräumten Studierenden ihre Besetzung begründet haben. Ihre Meinung dürfen sie im Rahmen des gesetzlich Erlaubten aber genauso äußern wie diejenigen, die die Aktion falsch finden. Daher erklärt sich ver.di Berlin-Brandenburg solidarisch mit allen, die an den Universitäten weiterhin gewaltfrei einen kritischen öffentlichen Dialog auch zu schwierigen Themen führen wollen – und verurteilt die angeordnete Räumung, die mediale Hetze der Bild-Zeitung und andere Einmischungen von außen in die grundrechtlich garantierte Meinungsvielfalt an Universitäten.

Berliner Lehrende hatten die polizeiliche Räumung eines Protestcamps an der FU Berlin öffentlich kritisiert und das Grundrecht auf Protest und Meinungsäußerung insbesondere an Hochschulen verteidigt. In Reaktion auf die Stellungnahme kam es zu einer verunglimpfenden Berichterstattung durch die Bild-Zeitung und zu diffamierenden Äußerungen in den sozialen Medien.

„Dass Lehrende öffentlich an den Pranger gestellt werden, wenn sie sich für die Verteidigung von Grundrechten an Hochschulen einsetzen, nehmen wir nicht hin. Gegen eine solche Verunglimpfung von Hochschullehrenden durch die Bild-Zeitung hätte Unterstützung von höchster Stelle kommen sollen“, sagt Benjamin Roscher, stellvertretender Landesbezirksleiter von ver.di Berlin-Brandenburg. „Stattdessen werden Lehrende selbst aus der Politik diffamiert.“

ver.di stellt sich hinter die Berliner Lehrenden, die kritisiert haben, dass die Räumung des Protestcamps an der FU Berlin angeordnet wurde, ohne ein vorheriges Gesprächsangebot zu formulieren. Hochschulen sind Orte der Wissensproduktion, des Dialogs und sollten auf gewaltfreie Lösungen setzen. Der Einsatz von Polizei kann allenfalls als letztes Mittel dienen.

„Für uns Gewerkschafter*innen und Beschäftigte an Hochschulen sind Universitäten Orte der Debatte, die zum Austausch und Diskurs einladen sowie die Meinungsvielfalt fördern sollte“, sagt Michaela Müller-Klang, Vorsitzende des Landesfachbereichsvorstands Gesundheit, soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft. „Die öffentliche Diffamierung von Berliner Lehrenden ist da genauso wenig hilfreich wie der Einsatz von Polizei gegen grundrechtlich geschützte Proteste.“

Für Rückfragen:
Jana Seppelt, Tel.: 0151 15 94 88 42

GEW BERLIN verurteilt Diffamierung von Hochschulangehörigen (GEW)

Die GEW BERLIN verurteilt den diskriminierenden Umgang der BILD-Zeitung und von politischen Verantwortungsträger*innen mit öffentlichen Äußerungen zu Protesten im Zusammenhang mit dem Israel-Gaza-Konflikt.

Martina Regulin, Vorsitzende GEW BERLIN: „Wir sind bestürzt darüber, dass Wissenschaftler*innen und andere Hochschulangehörige individuell angeprangert und als “Täter*innen” diffamiert werden, nur weil sie sich in einer öffentlichen Erklärung für das Recht auf politischen Protest in Hochschulen einsetzen. Derartige Kampagnen heizen die politische Debatte in unsäglicher Weise an und sind Wasser auf die Mühlen radikaler Akteure in diesem Konflikt. Hochschulen müssen öffentliche und angstfreie Orte für politische Diskussionen und legitime Proteste bleiben.“

Die Massaker der Hamas und die Geiselnahmen israelischer Staatsangehöriger vom 7. Oktober 2023 waren der Auslöser des aktuellen Krieges. Das darf in der Debatte um das furchtbare Leid der Menschen im Gazastreifen und der vielen Opfer des aktuellen Krieges niemals vergessen werden.  Dennoch muss Protest gegen Ausmaß und Form der militärischen Reaktion Israels möglich sein.

„Es kann doch niemanden ernsthaft verwundern, dass dieser Konflikt auch in Deutschland und den hiesigen Hochschulen Menschen auf die Straße treibt. Protest muss möglich sein und darf nicht durch polizeiliche Maßnahmen erstickt werden, erst recht nicht in einer Bildungseinrichtung. Gemeinsames Ziel muss es sein, die Hochschulen zu einem Ort der Debatte zu machen, an der alle angstfrei teilhaben können. Das bedeutet auch, antisemitischen und menschenverachtenden Aussagen klar entgegenzutreten. Die GEW BERLIN verurteilt entschieden jeglichen Antisemitismus und jede Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Explizit lehnen wir auch die Forderung nach einem Boykott israelischer Wissenschaftseinrichtungen ab. Gerade jetzt ist der Austausch mit der israelischen Öffentlichkeit und Wissenschaft von großer Bedeutung“, so Martina Regulin weiter.

Die GEW BERLIN steht als Bildungsgewerkschaft und Vertretung der Beschäftigten an Hochschulen an der Seite der von der Kampagne betroffenen Hochschulangehörigen.
Martina Regulin: „Wir begrüßen es, dass sich auch die Freie Universität Berlin ungeachtet unterschiedlicher Einschätzungen des Offenen Briefes vor ihre Mitglieder stellt und angekündigt hat, eine Beschwerde beim Presserat gegen die Angriffe der BILD-Zeitung einzulegen sowie rechtliche Schritte gegen die Diffamierungen zu prüfen. Es ist unerlässlich, dass Hochschulen ihre Lehrenden, Beschäftigten und Studierenden vor derartigen Anfeindungen schützen. Die politischen Verantwortungsträger*innen im Bund und im Land Berlin sind angehalten, die Hochschulen in der aufgeheizten Debatte zu unterstützen, Dialog zu fördern und die Stellen zu stärken, die sich gegen Antisemitismus und jegliche Form von Rassismus und Diskriminierung einsetzen.“

Für Rückfragen:

Markus Hanisch, Geschäftsführer und Pressesprecher

Telefon: 030/219993-46 Email: markus.hanisch(at)gew-berlin(dot)de